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Mogelpackung Pflegering in Bayern keine Alternative für NRW!

Mogelpackung willkommen? Ärztekammer Westfalen-Lippe begrüßt den bayerischen Pflegering als Alternative zur Pflegekammer!

Deutlich verwundert ist der Pflegerat NRW über die jüngsten Äußerungen aus der Ärztekammer Westfalen-Lippe. So hatte der Kammerpräsident Dr. Theodor Windhorst das bayerische Modell des Pflegeringes als wegweisendes Modell für Pflegefachberufe bezeichnet.

„Dieser bayerische Weg kann ein vielversprechender sein“ so Windhorst, Zwar impliziert diese Kann-Äußerung, dass Windhorst nicht völlig davon überzeugt ist, dass dieser Weg zielführend ist. Es verwundert aber, dass sich zu einer Zeit, wo in NRW die Diskussion um die Pflegekammer neue Fahrt aufgenommen hat, ausgerechnet ein Ärztekammerpräsident für ein Modell ausspricht, welches mit dem tragenden Kammergedanken gar nichts zu tun hat. Man stelle sich nur vor, die Ärztekammer Westfalen-Lippe wäre keine Kammer im Sinne des öffentlichen Rechtes sondern würde Ärztering Westfalen-Lippe heißen und sich aus einer starken Vertretung der privaten Klinikträger, Vertretern des Marburger-Bundes, Vertretern der Wohlfahrtsverbände, Vertretern von Ver.di und einzelnen Ärzten zusammensetzen und unter Federführung des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes NRW agieren und zum Bespiel ärztliche Berufsordnungen und Weiterbildungsregelungen erlassen. „Ich bin mir sicher, Dr. Windhorst würde in einem solch seltsamen Konstrukt als Ersatz für die Ärztekammer niemals ein führendes Amt wahrnehmen“, so Ludger Risse und schon gar nicht gegen den erklärten Willen der eigenen Ärzteschaft. Genau das ist aber das Konstrukt des bayrischen Pflegeringes, würde man es auf die Ärzte übertragen.

Die zentrale Aufgabe einer Kammer, ob Ärzte- oder Pflegekammer, ist es, hilfebedürftige Menschen vor schlecht qualifizierter Medizin und schlecht qualifizierter Pflege zu schützen. Die Kammer muss sich immer diesen Zielen unterordnen und nimmt hier hoheitliche Aufgaben des Staates wahr. Es geht also nicht primär um Interessensvertretung von Berufsständen, sondern darum, diese Aufgaben als professionellen Beruf in der Selbstverwaltung wahrzunehmen. Nicht mehr und nicht weniger.

Nun kann man dem Präsidenten der Ärztekammer nicht unterstellen, dass er die Aufgaben der Kammer nicht kennt, oder dass er sich hier bewusst gegen die artikulierten Interessen der Pflege in NRW stellt. Denn zu Recht bezeichnet er auch an dieser Stelle, dass für die Patientenversorgung Teamarbeit und Kooperation aller Gesundheitsberufe notwendig ist. Aber der Präsident sollte doch einige Aspekte seiner Presseerklärung durchaus noch einmal neu überdenken. Es ist unzweifelhaft notwendig, die Pflege auf Augenhöhe mit anderen Gesundheitsberufen zu stellen. Das ist aber kein Ausdruck der Konfrontation zwischen den Gesundheitsberufen, wie Windhorst hier anführt. Augenhöhe aus pflegerischer Sicht bedeutet viel mehr das Ende der Fremdbestimmung für professionell Pflegende. Die Pflege ist an vielen Entscheidungen der Selbstverwaltung nicht beteiligt, aber deutlich davon betroffen.

So kritisieren Pflegeräte und Pflegeverbände schon seit langem, dass Berufsfremde Regelungen zur Weiterbildung erlassen, über die Pflegeausbildung entscheiden und Voraussetzungen festlegen, wer mit welcher Qualifikation pflegerische arbeiten darf. Das führt dann dazu, dass dieser Level oftmals viel zu tief angesetzt wird, so Risse. Beispielsweise  darf jeder zu Hause Beatmungspatienten pflegen, sofern irgendwann einmal eine pflegerische Ausbildung abgeschlossen wurde. Niemand prüft, ob er/sie überhaupt für diesen äußerst verantwortungsvollen Bereich  qualifiziert ist. So werden Patienten aus dem Krankenhaus entlassen und plötzlich entsteht ein Qualitätseinbruch durch fachlich völlig überforderte Pflegepersonen, so Risse. Und Ansprechpartner gibt es für die Betroffenen auch nicht, so dass auch hier eine Pflegekammer die neutrale Anlaufstelle wäre.

Ebenso muss endlich damit aufgeräumt werden, dass Kammerbefürworter hohe Erwartungen an die Tarifpolitik haben. Wir wissen nicht, woher die diesbezügliche Einschätzung des Ärztekammerpräsidenten zu dieser Frage kommt, so Risse. Für den Pflegerat mit all seinen Mitgliedsverbänden ist es  völlig klar, dass Tarifpolitik Sache der Gewerkschaften ist und nicht der Kammer. Auch die Ärztekammern, die Apothekerkammer und die Psychotherapeutenkammer sind nicht in die tarifliche Ausgestaltung der Arbeitsplätze in Krankeneinrichtungen eingebunden. Warum sollte also jemand auf die Idee kommen, dass dieses bei der Pflegekammer anders wäre.

Bei der Kammer geht es um Qualität und Professionalität, basierend auf Selbstverwaltung. Bei der Einrichtung einer Pflegekammer in NRW geht es nicht primär um die Pflegenden selbst, sondern für die Pflegebedürftigen in unserem NRW, die zu Hause, in stationären Einrichtungen oder in Krankenhäusern gepflegt werden. Es geht um Qualität durch Qualifikation, gesteuert und gesichert durch die Selbstverwaltung.

Nicht mehr, aber auch nicht weniger!